Das darf man einen Paukenschlag nennen. Dass Fate Tola am 8. April 2018 in Hannover ihren Marathonerfolg aus diesem Frühjahr wiederholen möchte, damit war zu rechnen. Dass die 30-Jährige, die aus Äthiopien stammt und seit Mitte vorigen Jahres den deutschen Pass besitzt, von Januar an auch für Hannover an den Start gehen wird, das lässt aufhorchen. Gefühlt ist es Lichtjahre her, dass sich Hannover mit Spitzenläufern auf den langen Distanzen schmücken konnte. Einer der letzten, die hierzulande zur nationalen Elite zu zählen waren, war Markus Pingpank. Jetzt ist der 53-Jährige der Vorsitzende des Vereins, in dessen Farben Tola im kommenden Jahr starten wird: Hannover Athletics. Fragen und Antworten zu einem spektakulären Wechsel.
Wie sieht die Erfolgsbilanz von Fate Tola aus?
Im Marathon hat Tola eine Bestzeit von 2:25:14 Stunden, aufgestellt beim Berlin-Marathon 2012. In Hannover siegte sie 2017 in 2:27:48 und verpasste den Streckenrekord nur knapp. Schneller war in diesem Jahr keine andere Läuferin aus dem Bereich des DLV. Sie ist mehrfache deutsche Meisterin über 5000 und 10 000 Meter. Weil das Einbürgerungsverfahren nicht rechtzeitig abgeschlossen war, erlebte Tola die Olympischen Spiele 2016 in Rio nur aus der Zuschauerperspektive, obwohl sie die Norm für den Marathon erfüllt hatte. Bei der WM 2017 in London kam Tola auf den 22. Platz. Trainiert wird sie von ihrem Ehemann Musa Roba-Kinkal.
Warum nun der Wechsel nach Hannover?
Bis zum Jahresende steht Tola noch bei der LG Braunschweig unter Vertrag. Doch bei diesem Verein ist nach dem Tod eines maßgeblichen Funktionärs einiges in Bewegung geraten – für eine Profisportlerin wie Tola ist das nicht ohne Folgen geblieben. „Die Rahmenbedingungen sind künftig anders“, sagt sie. Bei der Suche nach einem neuen Verein ist die 30-Jährige vom Athletenmanager Christoph Kopp aus Berlin und von Stefanie Eichel, Organisationschefin des Hannover-Marathons, unterstützt worden. Und bei Hannover Athletics fündig geworden. Das sei die „erste Wahl“ gewesen, hieß es unisono. Angebahnt hatte sich der Wechsel vor etwa zwei Wochen, am Dienstag nun setzte Tola die Unterschrift unter den Aufnahmeantrag.
Kann sich ein relativ kleiner Verein wie Hannover Athletics so einen Star überhaupt leisten?
Normalerweise nicht. Denn das würde den Etat sprengen – und Fehler wie in den Neunzigerjahren bei der kostspieligen Verpflichtung von Grit Breuer durch das LT 85 Hannover wirken abschreckend und sind lehrreich. Möglich gemacht wird der zunächst auf ein Jahr befristete Wechsel durch eine Sponsorschaft. „Für die Mitglieder von Hannover Athletics ändert sich nichts“, heißt es in einer Mitteilung des Vereins. „Wir erhoffen uns überregional einen größeren Bekanntheitsgrad“, sagt Vereinschef Pingpank. „Und mehr Aufmerksamkeit vonseiten des DLV und des NLV.“ Ein Lob gab es für Athletics von Kopp: „Das ist ein Verein, der Laufen auf seine Fahne geschrieben hat.“ Tola soll für Athletics auf jeden Fall bei einer deutschen Meisterschaft starten – und dabei für ein gutes Mannschaftsresultat sorgen.
Wird Tola mit ihrer Familie nach Hannover ziehen?
Derzeit wohnt sie mit ihrem Mann und ihrer vierjährigen Tochter Samya in Gelnhausen (Hessen). „Hier kenne ich meine Laufstrecken genau“, sagt Tola. Deshalb wird sie dort vorerst auch weiterhin trainieren – wenn sie sich nicht im Trainingslager aufhält wie Anfang 2018 in ihrer äthiopischen Heimat. Einen Ortswechsel schließt sie jedoch nicht kategorisch aus, vor dem Hannover-Marathon dürfte dies aus trainingstechnischen Gründen aber utopisch sein.
Welche sportlichen Ziele hat Tola für 2018?
Neben dem Hannover-Marathon, für den sie künftig auch als offizielle Botschafterin auftreten wird, ist das im August die Europameisterschaft in Berlin. Die Frage ist, ob Tola dann im Marathon antritt oder aber über 5000 oder 10 000 Meter. „Auf jeden Fall will sie Hannover bei der EM gut repräsentieren“, sagt Kopp.
Mit Neuigkeiten zum Marathon am 8. April konnte Stefanie Eichel aufwarten. Die 42,195 Kilometer lange Strecke ist nochmals verändert worden – und dürfte nun für noch schnellere Zeiten gut sein. Gestrichen wurde der bei den meisten Läufern wenig beliebte Schlenker durch den Georgengarten. Stattdessen führt die Strecke vom Zoo nun bis nach Groß-Buchholz – und an Noltemeyerbrücke über die Podbielski- und die Walderseestraße Richtung Innenstadt. Eine Folge: Es sind weniger Kurven zu laufen und damit speziell im Spitzenbereich wertvolle Sekunden gutzumachen. 30 Prozent mehr Anmeldungen als zum gleichen Zeitraum des Vorjahres stimmen Eichel optimistisch, dass die Finisherzahl von rund 2500 vom April 2017 deutlich übertroffen werden kann.