Zum Jahreswechsel ziehen Sportler gerne Bilanz, für die HAZ-Läufer ist an diesem Donnerstag jedoch allenfalls ein Zwischenfazit fällig. Das Kalendarjahr mag fast vorüber sein, ihr persönliches Laufjahr ist es aber noch lange nicht. Es endet erst am 10. April – mit dem Zieleinlauf beim Hannover-Marathon.
Rund 100 Teilnehmer der HAZ-Laufgruppe bereiten sich seit drei Monaten auf Hannovers großen Stadtlauf vor. Und da sich ein Marathon nunmal nicht von alleine läuft, ist auch in diesen Tagen von Müßiggang keine Spur. „Ich habe Heiligabend 20 Kilometer gemacht“, erzählt Ralf Berneburg. Der 47-Jährige ist kein Marathonnovize mehr, doch auch für ihn gelten die Gesetze der Langstrecke: Erfolg hat, wer Kilometer abspult.
Rund 60 sind es bei Berneburg pro Woche. Er hat das Glück, bei vielen Läufen einen treuen Begleiter an seiner Seite zu haben: Hund Ginga („die ist fitter als ich“) ist beim Training rund um den Gehrdener Berg häufig dabei. Doch trotz der Unterstüzuung: Berneburg ist auf seinem Weg zum Marathon ein „bisschen hinter dem Soll“. Im Herbst machte der Fuß Probleme, einige längere Läufe musste Berneburg abkürzen. Erst jetzt rollt es wieder. „Bis 25 Kilometer klappt es schon ganz gut.“ Aber die wirklich schweren Kilometer kommen beim Marathon dann ja erst noch.
„Bei minus 5 Grad hätte ich kaum noch Motivation“
Damit die fehlenden Trainingskilometer wieder reinkommen, hat sich Berneburg zwischen den Jahren ein paar Zusatzeinheiten verordnet. Er profitiert wie alle HAZ-Läufer von dem Winter, der sich noch immer eher wie Frühling anfühlt. „Bei minus 5 Grad hätte ich kaum noch Motivation“, sagt Berneburg. Aber bei so milden Temperaturen fehle es eben an Ausreden.
„Das Wetter kommt den Läufern in diesem Jahr entgegen“, sagt auch Markus Pingpank, der die HAZ-Gruppe trainiert. Er weiß aus Erfahrung, dass mit dem Rückgang der Temperaturen der Trainingseifer sinkt. Doch wenn statt Mütze und Handschuhe kurze Hosen rausgekramt werden, ist das Gegenteil der Fall: „Ein paar Läufer sind von der Halbmarathon-Vorbereitung auf den Marathon umgestiegen.“ In kälteren Jahren sei es genau umgekehrt, sagt Pingpank.
Über fehlende Motivation kann sich auch Eric Hess nicht beklagen. „Läuft richtig gut – und gesund bin ich auch noch“, antwortet er auf die Frage nach dem Trainingsstand. Hess will im April über die Halbdistanz starten. Auch er ist kein völliger Laufanfänger, weiter als zur 15-Kilometer-Marke ist er aber noch nie gelaufen. Entsprechend groß war anfangs sein Respekt vor den langen Läufen mit der HAZ-Gruppe: „Da hatte ich schon ein bisschen Bammel.“ Doch der ist mittlerweile verflogen – dank der Trainingseffekte, die sich langsam aber sicher einstellen. „Normalerweise bin ich nach dem Training immer völlig platt, aber beim letzten Mal konnte ich mich bis zum Ende unterhalten.“ Entsprechend motiviert will der 44-Jährige am Donnerstag den Silvesterlauf um den Maschee angehen: „Ich hoffe schon, dass ich ein paar Leute hinter mir lasse. Ist ja auch nur eine Kurzstrecke.“
Kurzstrecke – das Wort fällt häufiger, wenn man sich mit den HAZ-Läufern über den Silvesterlauf unterhält. Wer wöchentlich Dutzende Kilometer läuft, dem kommt die Seerunde eben irgendwann nicht mehr lang vor. Das geht auch Kristina Hannemann so. Sechs Kilometer – „wirklich lang ist das ja nicht“, scherzt die 33-Jährige. Auch sie absolvierte über die Feiertage ein paar Kilometer zusätzlich – „ich hänge nämlich ein wenig hinterher“. Eigentlich hatte bei ihr alles gut begonnen. Hannemann startete bei mehreren Volksläufen und zeigte dabei jedes Mal starke Leistungen. „Bis zum Steelman in Langenhagen, danach hatte ich einen Einbruch und war völlig platt“, erzählt Hannemann. Auch danach wurde es nicht besser: „Erst war meine Tochter krank, dann ich.“ An Training war über Wochen nicht zu denken. „Wenn das so weitergeht, dann wird es schwer mit dem Hannover-Marathon.“ Aufstecken? Natürlich nicht: „Ich setze auf den Januar, dass ich da wieder richtig trainieren kann.“
Nicht nur der Kopf, auch der Körper eines Läufers muss wollen. Gegen ihn geht in der Marathonvorbereitung gar nichts. Die Erfahrung hat Tanja Niehoff bereits gemacht. Gleich beim ersten gemeinsamen Training mit der HAZ-Gruppe musste sie wegen eines Infekts passen, kaum zurück im Training stand eine Zahn-OP an. „Erst seit drei Wochen läuft es bei mir wieder“, erzählt die 42-Jährige, die in Hannover gern an die 4:10 Stunden heranlaufen möchte. Im Trainingtagebuch klaffen bei ihr ein paar deutliche Lücken, vor allem die langen Einheiten fehlen. „Vor den Läufen über 20 Kilometer habe ich schon noch Respekt“, erzählt sie. Ein Grund unruhig zu werden? „Ach was, die letzten drei Monate – die zählen“, sagt Niehoff. Denn auch das entscheidet beim Marathon über Erfolg und Misserfolg: die Ruhe zu bewahren.